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Gedanken zum Innehalten
Wir denken an den 8. Mai 1945. Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg mit der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen.
Wir denken an das unermessliche Leid, das die Deutschen verursacht haben.
Über 6 Millionen ermordete Juden. Verfolgung und Ermordung von Sinti und Roma, von politisch anders Denkenden, von Menschen mit Behinderungen, Homosexuellen und vielen weiteren, denen von den Nationalsozialisten das Recht zu leben abgesprochen wurde. Wir denken an Einschüchterung, Diskriminierung und Gewalt.
Wir denken an, Schätzungen zufolge, über 50 Millionen Tote, 35 Millionen Verwundete und 3 Millionen vermisste Menschen im Krieg. An das Grauen, das mit einem Krieg in Verbindung steht.
Und wir denken an das Versagen der Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus.
Wir denken an den 8. Mai zugleich als Tag der Befreiung für Jüdinnen und Juden und alle, die von der Deportation bedroht waren. Aus heutiger Sicht ist der 8. Mai ein Tag, der in all der Zerstörung, dem Hunger und dem Elend des Kriegsendes ein Fenster aufmachte für Hoffnung auf etwas Neues, auf Frieden und auf ein Leben im Miteinander zwischen Menschen innerhalb Deutschlands und über Ländergrenzen hinweg. Doch soweit war damals noch niemand.
Die Perspektive, die sich nach dem Krieg im Osten und im Westen Deutschlands auftat, war sehr verschieden.
Das Kriegsende ist also auch verbunden mit einer Teilung Deutschlands, mit der Trennung von Menschen und mit einer Diktatur für den Osten Deutschlands und Europas.
Wir denken an den 8. Mai und sind dankbar dafür, dass wir heute gute Beziehungen zu unseren Nachbarländern haben. Dafür, dass Schuldeinsicht und Versöhnung möglich wurden und sind. Mit Polen, Frankreich, Tschechien und vielen anderen Ländern, die unter den Deutschen gelitten haben, erleben wir heute Freundschaft und Zusammenarbeit.
Das ist nicht selbstverständlich.
Wir denken an den 8. Mai 1945 als Beginn einer Auseinandersetzung der deutschen Kirchen mit ihrer Verantwortung in der Zeit des Nationalsozialismus.
Wir denken an die deutlichen Worte des Ökumenischen Rates der Kirchen 1948 in Amsterdam:
„Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein.“
Der 8. Mai 1945 ist auch Tag der Befreiung von der Ideologie des Nationalsozialismus. Die Ideologie, die sich über Jahre in den Köpfen der Menschen festgesetzt hatte, war zwar mit der Kapitulation nicht schlagartig weg. Aber mit dem 8. Mai konnte die Auseinandersetzung mit den zerstörerischen Gedanken beginnen. Heute sehen wir, wie tief rassistische und antisemitische Einstellungen in unserer Gesellschaft nach wie vor verankert sind. Sie werden wieder lauter.
Wir denken an den 8. Mai also auch als Mahnung an das „Nie wieder“, wie es beispielsweise im befreiten Konzentrationslager Buchenwald am 19. April 1945 durch Überlebende gelobt wurde.
Der Zweite Weltkrieg ist in seinem Schrecken und seiner Brutalität unvergleichbar. Dennoch gibt es auch heute Kriege, die uns fassungslos machen. Insgesamt nehmen die kriegerischen Konflikte weltweit zu. Wir zählen die Getöteten und wissen: Zahlen sind abstrakt. Sie vermögen es nicht, das Schrecken zur Gänze zu erfassen.
Doch hinter jeder Ziffer steht ein Mensch. Ein Mensch, der geliebt wurde, der Freunde hatte, der etwas erreichen wollte, der vielleicht Musik machte oder gerne tanzen ging.
Wir leben in der Nachfolge Jesu, der die Gewaltfreiheit lebte. Wir wissen um Gottes Liebe zu den Schwachen.
Und wir sind bisweilen ratlos und fragen uns: Wie kann man auf die Schrecken und das Unrecht eines Kriegs reagieren?
Rückblickend können wir mit dem 8. Mai 1945 ein Fenster der Hoffnung auf Frieden verbinden.
Das Fenster öffnete sich, es entwickelten sich wirtschaftliche Verflechtungen europäischer Staaten, Begegnungen zwischen Menschen wurden möglich, Jugendaustausche gefördert. Und dann wurden Mauern gesprengt und die Einheit zwischen Ost und West war wieder möglich.
Der Schrecken regierte in jenen und den folgenden Tagen und Jahren den Südosten Europas. Wieder Kriege in Europa.
Wir gedenken denen, die Auslöschungsplänen und Terror zum Opfer fielen unter den Augen eines zögernden „Westens“. Mit großem Aufwand bemühte sich Europa um Bewältigung.
Heute sprechen wir vom „Friedensprojekt EU“. Der 9. Mai als Europatag erinnert daran.
Das europäische Friedensläuten lässt es in die Welt schallen, über Grenzen hinweg: Friede sei!
Mit dem 8. Mai verbinden wir ein Fenster der Hoffnung auf Frieden. Wir halten an der Hoffnung auf Frieden fest.
Denn wir wissen um Gottes Frieden, wie er zum Beispiel beim Propheten Jesaja beschrieben wird:
1 Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finsteren Lande, scheint es hell. 2 Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. Vor dir freut man sich, wie man sich freut in der Ernte, wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt. 3 Denn du hast ihr drückendes Joch, die Jochstange auf ihrer Schulter und den Stecken ihres Treibers zerbrochen wie am Tage Midians. 4 Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn daher geht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt. (Jesaja 9,1-4, nach Luther 2017).
Mit dem 8. Mai verbinden wir ein Fenster auf Hoffnung für Frieden. Wir haben die Zusage Gottes: Jeder Krieg wird ein Ende haben. Wir sind hineingenommen in Gottes Friedensbewegung auf der Erde. Zacharias singt im Lukasevangelium davon, dass unsere Schritte auf den Weg des Friedens gerichtet werden (Lk 1,79).
Unsere Hoffnung auf Frieden ist also begründet. Gott selbst ist der Friede und bringt den Frieden in diese Welt – wir feiern das nicht zuletzt in jedem Advent, ganz zu Beginn des Kirchenjahres: Gottes Friede ist da.
Deshalb halten wir fest an der Hoffnung auf Frieden unter uns Menschen in dieser Welt - und tun guten Mutes,
was wir für den Frieden tun können.
Das Eintreten für den Frieden kann ganz unterschiedlich sein. Manchmal ist es vielleicht ganz leise, mit tröstenden Worten in das Dunkel eines Mitmenschen hinein. Manchmal ist es lauter, wenn wir widersprechen, wo Worte Feindschaft sähen, Diskriminierung und Hass.
Für den Frieden einzustehen kann auch heißen, Begegnungen zu ermöglichen mit unseren Nachbarn in Europa.
Es kann heißen Migrantinnen und Migranten zu helfen, sich in Deutschland zurecht zu finden.
Es kann bedeuten sich für die Menschen einzusetzen, die aus Gewissensgründen den Kriegsdienst verweigern.
Oder es kann bedeuten Konflikte zu erkennen und zu ihrer Beilegung beizutragen, wo sie noch klein sind. Vermutlich haben die meisten von Ihnen Ideen, wie Sie sich für Frieden einsetzen können.
Wir denken an den 8. Mai 1945 und bitten Gott um seinen Frieden, der höher ist als all unsere Vernunft.
Quellen:
Gedanken zum Friedensgebet/ Friedensläuten:
Arbeitsstelle Gerichtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung der evlks
Ev.-Luth.
Kirchgemeinde Bernsdorf
Hauptstraße 151
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Tel.: 037204 / 3670
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